Mittwoch, 4. Oktober 2006

... unterwegs mit Hund

Ach ja, und dann hatte ich heute frueh noch folgendes Erlebnis:

Als zwei Maedels aus Deutschland gestern Abend in die Herberge kamen, wurden sie verfolgt: beinahe schon den ganzen Tag, so sagten sie, sei ihnen ein Hund hinterhergelaufen und haette scheinbar nach Futter gebettelt. Zunaechst haetten sie ihm nichts gegeben, als er aber anfing Kuhscheisse vom Weg zu fressen, hatte sich eine von ihnen erbarmt und ihn gefuettert.
(...als ob, wie ich inzwischen weis, nicht jeder Hund mal gerne´n Bissen Scheisse zwischendurch kaut) ... Jetzt lief der Hund ihnen also erst recht nach.
Den ganzen Abend stand er vor der Herberge. Als wir mit mehreren Pilgern gemeinsam in die naechste Bar gingen, lief er nach und winselte anschliessend vor der Bartuer herum.
Und offenbar blieb er spaeter die ganze Nacht hindurch weiter vor der Herberge...

Ich war einer der ersten, die am Morgen das Haus verliessen und da stand das Tier immer noch: eine kleine weisse Huendin mit kurzen Beinen und grossen Augen.
Naja, dachte ich, hat das treue Tier also tatsaechlich auf die beiden Maedels gewartet...
Aber nach wenigen Schritten merkte ich, dass nun ich einen Begleiter hatte. Erst einmal fand ich es ganz nett auf dem noch daemmrigen Weg durch Wald und Feld jemanden an meiner Seite zu haben, aber dann war mir recht bald klar, dass ich nicht den ganzen Tag von einem Hund begleitet werden wollte (vor allem von einem der es vielleicht auf mein Essen abgesehen hat wie bereits ein grosser Schaeferhund am Vortag, der vorwitzigerweise bei einer meiner Pausen herangetrabt war um seine Nase in alle erreichbaren Winkel meines Rucksacks zu schieben.)
Also ignorierte ich den Hund, dem ich im Geiste bereits den Namen "Rena" gegeben hatte, erst einmal. Aber das reichte natuerlich nicht, sie loszuwerden - und das wollte ich jetzt allmaehlich.
Ich versuchte sie abzuhaengen, indem ich ueber eine der kleinen Steinmauern sprang, die hier in Galizien die Wiesen voneinander trennen, aber trotz ihrer kurzen Beine war sie rasch hinterhergehuepft. Etwas weiter gab es eine wesentlich hoehere Mauer: ich musste meinen Rucksack absetzen, um ueberhaupt selber darueber zu kommen und auf der anderen Seite ging es noch etwas tiefer hinab. Zunaechst sah Rena neugierig zu, wie ich auf der anderen Seite durchs nasse Gras davonging, dann folgte sie tatsaechlich. Ich ging also schnell zurueck, kletterte wieder ueber die von dieser Seite noch hoehere Mauer, doch noch ehe ich drueben war, hatte auch Rena das Hindernis bereits wieder ueberwunden. Meine Fuesse waren nass und ich merkte, dass ich so nicht weiterkam.
Naechste Idee: in einem kleinen Oertchen am Weg ging ich in eine Hauseinfahrt mit offenem Tor, der Hund hinterher, ich wieder schnell raus und Tor zu! Ha, eingesperrt, dachte ich und ging schon siegessicher davon - aber das Tor war nicht zu verriegeln und im Nu hatte Rena es aufgeschoben. Die Idee war aber trotzdem gut, nur schlecht in der Ausfuehrung, also versuchte ich es abermals an einem anderen Tor zu einer Wiese: ich hinein, Hund auch, ich raus, Tor zu! Ha! Aber dieses Mal zeigte sich, dass der Hund schmal genug war, um sich zwischen den Gitterstaeben des Tors hindurchzuquetschen.
Ein letzter Versuch, ein anderes Tor, dieses mal Blech ohne Durchlaesse: Ich rein, Hund rein, ich raus, Tuer zu, verriegeln, und schnell weiter. Zweihundert Meter Weg lang freute ich mich ueber meinen Erfolg, dann tippelte ein weisser Hund, der wahrscheinlich einen neuen Ausweg gefunden hatte wieder als mein Schatten hinterdrein.
Ich versuchte es mit der boesen Methode: ich knurrte sie an - sie guckte verwirrt. Ich fuchtelte zusaetzlich mit meinen Wanderstoecken in der Luft herum - sie nahm etwas mehr Abstand ein, ging aber brav hinterdrein. Ich sprang herum und machte Laerm dazu. Sie hatte zwar Respekt, lies aber nicht von mir ab.
Schliesslich erreichte ich das naechste Staedtchen und musste akzeptieren, dass sie hinter mir her in der Mitte der Strasse hineinlief und die Autos ihr zuhupten.
Schliesslich an der Kirche des Ortes meine Rettung: eine Gruppe deutscher Touristen sahen den Hund und begannen zu locken wie es manche Menschen scheinbar staendig bei Tieren machen muessen. Ich entfernte mich rasch... und blieb Hundefrei!
Rena hatte offenbar neue Herrchen gefunden!

¿Endspurt?

Heute bin ich in "Palas del Rey" und dieser Ort liegt bei etwa Kilometer 65 vor Santiago. Die Kilometermarkierungen stehen wie ein versteinerter Countdown am Wegesrand und scheinen den Pilger jetzt erst recht voranzuziehen - das Ziel scheint so nahe.
Ich allerdings werde versuchen meine Reise ein kleines bisschen zu entschleunigen, noch habe ich etwas Zeit bevor ich naechste Woche endlich einmal wieder in ein modernes Gefaehrt namens "Bus" zur Ueberwindung laengerer Distanzen steige und meine Heimfahrt antrete.
Ausserdem muss Santiago nicht das einzige Ziel bleiben: Heute habe ich mich so gut wie entschieden, die verbleibenden Kilometer bis ans "Ende der Welt" nach Fisterra ebenfalls zu laufen, auch wenn in diesen Teilen Galiziens nach den grossen Waldbraenden vom August nun auch noch ziemliche Unwetter ueber das Land hinweggezogen sind. Drei weitere Tage werde ich dann vorraussichtlich unterwegs sein...

Dienstag, 3. Oktober 2006

Zum Tag der deutschen Einheit...

... bin ich fern meiner Heimat. Eigentlich ziemlich egal, denn ich bin - wie wahrscheinlich viele andere Deutsche ebenfalls - nicht besonders patriotisch eingestellt. Bei den Spaniern sieht es schon anders aus: da ist es sogar besonders wichtig aus welcher Region man kommt. (Nebenbei: interessanterweise gibt es hier viele Graffitis bei denen man Hakenkreuze sehen kann - haeufiger jedoch durchgestrichene Hakenkreuze mit der Aufschrift "NO NAZIS" - ich bin ueberrascht, denn ich dachte Rechtsradikalismus sei eher ein deutsches Problem?!)
Gestern bin ich ueber die Grenze zu Galizien gewandert und siehe da: andere Sprache, andere Bauweise der Haeuser etc. - es scheint ein ganz neues Land zu sein. Viel rauher scheint es hier zu sein: nebelumwehte Berge, enge Taeler, einsame Bauerndoerfer mit vielen verlassenen und eingestuerzten Haeusern und tiefe Hohlwege durch die der Pilger im Halbdunkel stolpert. Ausserdem die regenreichste Gegend Spaniens wie ich selber erfahren konnte... Mit anderen Worten: die Strecke ist endlich mal wieder richtig schoen und abenteuerlich und in diesem Ueberschwang bin ich gestern knapp 40 Kilometer durch die Berge gelaufen (inklusiv ca. 750 Hoehenmeter rauf und wieder runter) - die letzten drei Stunden leider im Regen. Heute bin ich heilfroh, dass meine Fuesse das so problemlos mitgemacht haben und es unbeschwert weitergehen kann... dafuer lasse ich es mal wieder langsam angehen und mache sogar jetzt ne lange Mittagspause im Internetcafé von Sarria. Dann gehts munter noch etwas weiter... mal sehen was der Tag so bringt. Ich plane nie, wohin genau ich gehen will, sondern entscheide meist spontan. Heute waere es vielleicht gut, etwas langsamer zu gehen, wenn ich die netten Mitpilger der vergangenen Tage wieder zu Gesicht bekommen will.
Seit der Grenze zu Galizien stehen in 500m-Abstaenden bereits Kilometersteine auf denen die Distanz bis Santiago angegeben ist: mittlerweile ist diese auf ca.110 km geschrumpft - es macht sich allmaehlich Endspurt-Stimmung breit - aber ein paar Tage sind´s ja noch. Und dann noch die Frage: gehts nach Santiago weiter bis ans Ende der Welt, nach Finisterra?

Samstag, 30. September 2006

Ponferrada

... ist ja interessant, dass es Mitleser gibt (wie der veehrte torgar im vorangegangenen Beitrag), die sich die Hintergrundinfos der Route ueber WIkipedia gleich auch noch mitansehen.
Heute bin ich also in einer Stadt, in der bereits die Tempelritter jahrhundertelang den Weg der Pilger geschuetzt haben und deren Burg noch immer in der Stadt steht. Und nach wie vor gibt es vereinzelte Herbergen in denen die Hospitalieros versuchen, die Tradition der Tempelritter aufrecht zu erhalten (was auch immer das heissen mag - ich weis es nicht genau, denn ich habe noch nicht in so einer Unterkunft uebernachtet und mehr als die Fahnen mit den speziellen Tatzenkreuzen habe ich noch nicht als Hinweis auf diese alten Traditionen gesehen).
Nach einer Woche relativ oeder weil stets flacher Landschaft mit schnurgeraden Wegen ging es heute endlich mal wieder hinauf in die Berge, vorbei am Cruz de Ferro, ein Kreuz an dem jeder Pilger mitgebrachte Steine ablegt - eine wichtige Station auf dem Weg nach Santiago.

... soweit von mir - allzulange kann ich leider nicht vor dem Internet in den Herbergen verharren... jetzt muss ich zurueck in die Zelle - aeh - ich meine, jetzt gehe ich erst mal die Tempelritterburg in Ponferrada besichtigen.

Mittwoch, 27. September 2006

Das war Leon

Ola aus Spanien,
heute gings fuer mich durch Leon, die vielleicht groesste Stadt am spanischen Jakobsweg (ich glaube Santiago ist nicht ganz so gross). Alles ganz huebsch, vor allem die Kathedrale, aber uebernachten wollte ich nicht in der Stadt, deshalb bin ich noch etwas weitergewandert. Unterwegs: jede Menge Hobbithoehlen. Hier scheint es alte Sitte zu sein, Haeuser in den Berg bzw. in den Boden zu bauen. Die haben dann vorne einen Eingang und aus einem kleinen Grashuegel guckt irgendwo ein Schornstein raus. Ich habe allerdings noch keinen der pelzbefussten entdecken koennen.
Mittlerweile habe ich von den ca. 800 km der Pilgerstrecke etwa 500 zurueckgelegt. Es geht gut voran.
Ich merke, dass ich in diesem Blog gar nicht allzuausfuehrlich von unterwegs werden kann und will - die Internetinfrastruktur ist hier zwar einigermassen gut, aber allzuviel tippen mag ich zur Zeit gar nicht.
Na dann... bis zum naechsten Mal...

Freitag, 22. September 2006

Tag 14.

Heute mal etwas mehr:
Jaja, das Pilgerleben bietet nicht immer nur Zuckerschlecken... nein, manchmal kann es auch etwas Eisschlecken bieten ;-) ... habe ich mir gerade beim Warten darauf, dass der Rechner frei wird gegoennt...

So ein Pilgertag faengt fuer mich gewoehnlich in der Fruehe um 6 Uhr an, sobald die Unruhe die Schlafkammern heimsucht. Dann wird schnell der Rucksack gepackt und in wenigen Minuten nach der letzten Traumrunde kanns schon wieder raus auf die Strasse gehen. Weil ich Morgens noch kein Fruehstueck nach dem Aufstehen moechte, muss dieses bis zur ersten Rast am Morgen warten. Um diese fruehe Zeit ist es in Spanien allerdings immer noch dunkel (und das bleibt es auch bis etwa 7:45 Uhr). Dann heisst es Taschenlampe griffbereit halten, um an dunklen Stellen doch noch die Wegmarkierungen erkennen zu koennen. Eigentlich sind alle Wege so gut ausgezeichnet, dass man keine weitere Beschreibung beim Wandern braucht... nur manchmal fehlt die notwendige Beleuchtung.
Es macht aber Vergnuegen, morgens erst einmal alleine in den anbrechenden Tag zu wandern. Spaeter sind schon mal mehr Pilger auf den Pfaden - und wahrscheinlich wird das in Richtung Santiago auch noch zunehmen.
Gewandert wird mit Pausen bis zum fruehen Nachmittag, dann heisst es schon wieder Augen aufhalten nach einer Herberge, weil diese doch bereits zu dieser Zeit schnell belegt werden und es schwierig werden wuerde, erst am Abend auf die Suche zu gehen. Aber bei dem zeitigen Aufbruch am Morgen und zuegigem Gehen, kommt man auch so auf eine Tagesetappe von ca. 30 km. Und das reicht auf jeden Fall auch...

So... jetzt mache ich wieder Platz fuer den naechsten in der Internet-Schlange...

Donnerstag, 21. September 2006

Jetzt in Burgos

... nach einer Woche sollte es mal wieder Zeit fuer ein Lebenszeichen sein - und hier ist es: heute bin ich nach Burgos eingehumpelt, weil ich seit gestern unerklaerlicherweise mit einigen Schmerzen leben muss... seltsam, weils doch eigentlich die ersten 9 Tage problemlos lief?!?
... und weils hier in der Herberge kostenloses Internet gibt, dafuer aber schon wieder einige Leute hinter mir warten, mache ich nun schluss... bis bald!

Donnerstag, 14. September 2006

... auf dem Jakobsweg, zweiter Teil

O.k., ein ganz so regelmaessiger Blogschreiber bin ich zugegebenermassen ja nicht, aber heute mal ein paar Zeilen um auf den aktuellen Stand zu kommen:

ich schreibe gerade aus PUENTE LA REINA und das liegt in der Provinz Navarra im Nordosten Spaniens. Seit Montagmorgen wandere ich auf dem Jakobsweg und setze somit mein Vorhaben des Pilgerns fort mit der Aussicht, dieses Mal auch tatsaechlich in Santiago anzukommen. Gestartet bin ich in St. Jean Piet de Port (Frankreich), dann gings in einer wunderschoenen aber auch anstrengenden Strecke ueber die Pyrenaen nach Roncesvalles. Spaeter fuehrte der Weg u.a. weiter ueber Pamplona und hier bin ich nun... auf dem sogenannten Camino Frances und ich rechne damit in knapp einem Monat mein Ziel zu erreichen.
Auch wenn ich des Spanischen nicht maechtig bin, kommt man hier gut mit den vielen Mitpilgern ins Gespraech und es ist eine recht offene internationale Wanderschar, die auf diesem Pfad unterwegs ist.
Das Wetter ist zur Zeit spanien-untypisch: bedeckt mit zeitweiligem Nieselregen hatten die Wege heute einige Schlammgruben zu bieten. Aber niemand hat gesagt, dass Pilgern nur reines Vergnuegen ist ;-)
Kleiner Einschraenkung meines Pilgervergnuegens ist allerdings, dass mein Fotoapparat einen defekt hat und staendig irgendwelche Probleme macht ( wenn er ueberhaupt funktioniert... :-( mal sehen was ich ueberhaupt an Bildern nachhause bringen kann). Ansonsten muss ich mir halt alles etwas genauer merken.

Donnerstag, 31. August 2006

Bald wieder Sesshaft...

Eine neue Residenz ist bezogen - eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Ense-Hünningen heißt der Ort meiner Kindheit und auch wenn wir nicht zurück zu meinen Eltern gezogen sind, so wohnen wir nun doch wieder in derselben Straße im kleinen Dorf. Drei kleine Zimmer, Küche, Bad und das alles in einem alten Fachwerkhaus, welches unweit der Felder liegt, die jede Menge Spazierfläche für Mensch und Hund bieten.
Zunächst hatte der bisherige und einzige Bewohner des Hauses - ein älterer Herr - in der Wohnung unter uns große Bedenken, dass es zu laut für ihn werden würde, wenn in einem zugegebenermaßen hellhörigen Haus über seinem Kopf wohnen. Dann konnten wir jedoch einen Kompromiss schließen und werden nun zumindest das nächste halbe Jahr die Landluft schnuppern können. Mein künftiger Arbeitsweg verlängert sich somit zwar wieder, aber das ist zu verkraften.

Jetzt allerdings haben wir uns nach einer Woche des Renovierens und Einrichtens (was schon im theoretischen Teil recht anstrengend sein kann, wenn man in manchen Fragen so unterschiedlicher Ansicht war, wie es bei uns bisweilen der Fall war) nun noch eine Woche an der Ostsee gönnen können. Und hier siehts herrlich... regengrau aus. Doch dazu später.

mio in space

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