Montag, 3. Juli 2006

Zurück in der Zivilisation

13. Tag, Boraspict0006-strasse
Wieder zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite und das bringt einen Radler, der eine bestimmte Strecke schaffen will, ganz schön ins Schwitzen. Daher gabs Mittags zunächst wieder eine See-Pause, ehe ich mir eine "Nebenstrecke", die auf der Karte wie eine Abkürzung aussah, auswählte und über einen Schotterwaldweg einige heftige Berge rauf und runter gefahren (bzw. geschoben) bin. Die nächste Straße war im Gegensatz dazu wesentlich größer und überraschte mich dadurch, dass sie sich unversehens und mitten im Wald zu einer von Leitplanken eingefassten mehrspurigen Schnellstraße verwandelte ohne eigenen Radweg. Nun schien das Befahren dieser Straße mit Fahrrädern zwar nicht grundsätzlich verboten, machte aber überhaupt kein Vergnügen: Neben dem Radler donnern die LKW, es geht in brütender Hitze für viele Kilometer die Hügel rauf und runter. Kein Entkommen, keine Alternativroute und dann kommt auch noch Gegenwind auf... Es ist der totale Horror, ich fluche am laufenden Band, die Strecke zieht sich endlos hin. Nach 113 km an diesem Tag erreiche ich mit Boras eine größere Stadt und bin endlich erlöst. (Das Foto zeigt übrigens eine der schöneren Strassen über die ich fahren durfte...)

Sonntag, 2. Juli 2006

Nach dem Scheitelpunkt

12. Tag, am See bei Hillerstorppict0019-see
Nach meinem Tief am gestrigen Abend und einem freudlosen Aufbruch bin ich - Gott sei Dank - wieder in bessere Stimmung gekommen. Entgegen meiner ursprünglichen Pläne hinauf bis nach Vimmerby zu strampeln (obwohl es da ausgezeichneten Käsekuchen geben soll) habe ich Vaxjö zu meinem Wendepunkt erklärt und fahre Richtung Nordwest auf Göteborg zu. Die Sonne scheint jetzt den ganzen Tag heiß vom Himmel, daher habe ich bereits Mittags eine ausführliche Pause an einem Seeufer gemacht und bin zum ersten Mal auf dieser Reise in einem See schwimmen gewesen. Nachmittags gings weiter durch den Storemosse-Nationalpark und mein heutiger Campingplatz liegt ebenfalls am See in dem ich direkt noch einmal geschwommen bin: die Seen hier sind sehr flach, daher gut aufgewärmt und haben einen sandigen Grund. Das Wasser hat durch die nahegelegenen Moore die Farbe von schwarzem Tee.

Samstag, 1. Juli 2006

Mitten im Wald

11. Tag, in der Wildnis vor Vaxjö
pict0011-wildcampJetzt liege ich irgendwo im Wald, draußen geht die Sonne unter und der Mond auf. Die Mücken sind zum Glück ausgesperrt. Ein paar Stiche habe ich bereits kassiert, als ich die erste Zeltmöglichkeit an einem See inspiziert habe - doch das schien Mückenbrutgebiet Nr.1 gewesen zu sein, daher hab ich schnell woanders im Wald weitergesucht, fix Zelt aufgebaut und - zipp! - Reißverschluß zu.
Heute Morgen habe ich die Tyrkapsgrotten besichtigt (aus der übrigens des Sommers gar keine Fledermäuse kommen, da diese dann im Wald leben und sich nur zum Winterschlaf unter die Erde hängen). Eigentlich handelt es sich bei der Höhle um ein Bergwerk in dem früher Kalk abgebaut wurde und sie hat gar keinen natürlichen Ursprung, also z.B. auch keine Tropfsteine.
Den Rest des Tages habe ich eifrig geradelt, etwas über die Beschilderungen geschimpft wenn der Radweg unversehens aufhörte und nur noch eine Schnellstraße weiterführte. 114 km später reichte es mir aber auch. Verschwitzt vom Tage habe ich mich nun ins Zelt verzogen (hätte jetzt viel für eine Dusche gegeben) und denke über die Fortsetzung der Reise nach. Alleine zu radeln heißt auch, sich an Abenden wie heute ziemlich einsam zu fühlen. Will ich auf diese Weise überhaupt noch so lange unterwegs sein wie ursprünglich gedacht? Noch tiefer ins Landesinnere fahren? An heißen Tagen 100 km auf den Autostraßen verbringen? Ich muss ein paar Entscheidungen treffen.

Freitag, 30. Juni 2006

Am Übergang

10. Tag, Tyrkapsgrottan bei Hässleholm
Soeben ist die Sonne hinterm Horizont versunken, aber die Dämmerung dauert in Schweden recht lange, darum sitze ich noch draußen an diesem lauen Juniabend. Vor mir liegt der Eingang zur Tyrkapsgrottan, einer Höhle, die laut Infoblatt bereits Schauplatz verschiedener Filme war, u.a. für Ronja Räubertochter.pict9997-grotte Außerdem solls hier viele Fledermäuse geben und ich bin gespannt ob ich ein paar durch den Eingang herausfliegen sehe.
Das Wetter war echt sommerlich. Leider gabs heute mal wieder Gegenwind, der die ansonsten ebene Strecke zum nervtötenden Kraftakt machte. Weil ich heute dem Meer den Rücken gekehrt habe und ins Landesinnere fahre, hoffe ich solchen Windattacken besser entgehen zu können. Bereits am Mittag war ich durch das Gegenanfahren so ausgepowerd, dass ich mich am nächstliegenden Bahnhof mal nach Zugmöglichkeiten erkundigte: leider Fehlanzeige. Wie mir mitgeteilt wurde, transportieren schwedische Züge KEINE Fahrräder. Das kann doch nicht wahr sein?!?
Also gings doch weiter per Zweirad und überraschenderweise stieß ich bei meinem Tagesziel, der Höhle, auf einen kleinen nicht verzeichneten Campingplatz und musste so nicht in der Wildnis übernachten.
Allerdings frage ich mich seit Tagen: wo sind die Urlauber? Seit am vergangenem Midsommar war, haben auch die Schweden Schulferienzeit. Vom Datum sind wir längst in der Hauptsaison aber es ist kaum etwas los: die Campingplätze sind noch völlig unterbelegt. Dafür ist es natürlich für die wenigen Leute, die unterwegs sind um so angenehm ruhiger...

Donnerstag, 29. Juni 2006

Ein toller Tag

9. Tag, auf der Halbinsel Kullenpict9947-holzkunst
Die Wettervorhersage hatte Sonne versprochen, doch der Morgen blieb zunächst so grau bedeckt, wie es in den Tagen zuvor bereits war. Entlang der Ostküste des Öresunds fuhr ich weiter nach Norden, durchquerte Landskrona und Helsingborg, die einst am heißesten umkämpfte Stadt Schwedens aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage. Schließlich erreichte ich die Kullen-Halbinsel, die als Berg aus der flachen Landschaft herausragt und direkt in Meer hineinreicht. Hier wurde es eindrucksvoll: die Berge sind bis zu 187 m hoch und somit endet das Land in hohen zerklüfteten Felsklippen. Obenauf steht Schwedens höchstgelegener Leuchtturm und in den Kliffs liegen einige Höhlen. Im Laufe des Tages wurde das Wetter endlich sonnig, mein Gepäck lies ich am Campingplatz zurück und begab mich auf Erkundungstour. Zuletzt am Abend sah ich mir noch eine besondere Stelle an: abgelegen, so dass man 2 km unbeschildert durch den Wald wandern und einen steilen Abstieg durch die Klippen machen musste, lag eine kleine Felsenbucht in der der Künstler Lars Vilks seit zwanzig Jahren aus allerlei Hölzern und Brettern ein an eine wild zusammengezimmerte Festung gemahnendes Kunstwerk errichtet hat. Schräge Türme, bizarre Laufgänge sind kreuz und quer zusammengenagelt. Ich war nicht darauf vorbereitet, in meinen Augen etwas so großartiges zu finden, noch dazu im schönsten Sonnenuntergangslicht beleuchtet, dass ich restlos begeistert war.
Sehr zufrieden kehrte ich zum Campingplatz zurück, auf dem die Eltern in den umliegenden Zelten noch bis spät in die Nacht damit zu tun hatten ihre quengelnden Kleinkinder ruhig zu bekommen.

Mittwoch, 28. Juni 2006

Was schön ist, bleibt

8. Tag, Barsebäck am Öresund (Schweden)pict9767-oeresund
Eigentlich ganz praktisch, dass man sich eher an das Gute als das Schlechte erinnert. So wird mir von diesem Tag wahrscheinlich der bequeme Campingplatz, ein wunderschöner Sonnenuntergang am Strand und die Fahrt über den Öresund in Erinnerung bleiben. Bevor es allerdings so angenehm wurde, hatte ich richtig schlechte Stimmung: einige Male hab ich mich verfahren (kann ich überhaupt nicht leiden) und obwohls auf den Karten eingezeichnet ist, gibt es keine Schiffsverbindungen mehr zwischen Kopenhagen und Malmö. Jetzt geht sämtlicher Verkehr über die neue große Brücke - sehr schade eigentlich. Außerdem war es weit nach Mittag, bevor ich das erste Mal am Tag etwas zu Essen in den Bauch bekam und darüber hinaus sah es auf schwedischer Seite leider nicht anders aus als zuvor in Deutschland und Dänemark: flache Landschaft, weite Felder. Außerdem schien ein Gang am Fahrrad einen defekt zu haben, es gab Gegenwind, meine Beine waren nach Tagen des Muskelkaters einfach schwach, der Campingplatz war teuer und ich fühlte mich irgendwie traurig.
Als aber endlich das Zelt stand, ich gegessen und nett mit einen Leuten geplaudert hatte, am Strand gewesen war und sogar Wäsche waschen und Akkus wiederaufladen konnte, war doch wieder alles gut... Glück gehabt ;-)

Dienstag, 27. Juni 2006

Nachtrag Kopenhagen

7. Tag, die Zweite:pict9724-meerjungfrau

Viel spannender als eine Sehenswuerdigkeit zu betrachten ist es ja manchmal, Leuten zuzusehen, die sich jene Sehenswuerdigkeit ansehen. So etwa die kleine Meerjungfrau - das Wahrzeichen Kopenhagens. Auch hier war zeitgleich mit mir die obligatorische Japaner-Touristengruppe am Start: jeder hat eine riesige Digitalkamera um den Hals und die ganze Gruppe versucht so nahe wie moeglich an die Statue zu klettern und dann wird geknipst und geknipst. Auf jeden Fall muss immer jemand im Vordergrund stehen und grinsen.
Eine ganz andere Sehenswuerdigkeit hat es mir hingegen angetan: die Fotoausstellung des Tierfotografen Steve Bloom, die zur Zeit auf einem Platz in der Innenstadt aufgebaut ist. Fantastische Tieraufnahmen in freier Wildbahn aus der ganzen Welt.

Hauptstadt

7. Tag, Kopenhagen

Jetzt hat der Urlaub wirklich begonnen: ich habe ein interessantes Ziel erreicht und die langen Strecken, die ich in den Tagen zuvor zurueckgelegt habe, haben sich ausgezahlt. Am Morgen bin ich noch ca. 20 km weiter geradelt bis ich einen zentrumsnahen Campingplatz fand auf dem ich direkt wieder mein Zelt aufschlug. Den Rest des Tages will ich befreit vom Ballast mal ausfuehrlich die Hauptstadt der Daenen kennenlernen. Und da scheint das Rad tatsaechlich ein sehr populaeres Verkehrsmittel zu sein: alle Strassen haben extra breite Radwege, die auch lebhaft genutzt werden - Kopenhagen ist quasi das Muenster Daenemarks ;-)
Meine erste Anlaufstation war die Touristeninformation, die einem Besucher ohne Vorbildung schon mal ein paar Tipps mit auf den Weg geben kann. Auch immer interessant fuer den fotointeressierten Reisenden: die Ansichtskarten an diversen Andenkenlaeden studieren. Sie zeigen einen repraesentativen Ueberblick ueber lohnenswerte Fotomotive und wie man sie (vielleicht auch nicht) darstellen sollte. Der Rest ist pure Entdeckungsreise. Ich entschloss mich einfach mal loszuspazieren und mir kreuz und quer die Strassen anzusehen. Fuer Museumsbesuche halte ich einen Tag in der Stadt eh zu kurz und laufe lieber so herum. Nach Erzaehlungen von Freund U. erinnerte ich mich an einen alternativen Stadteil namens Christiania, in den ich mal rueberschlenderte. Die Bewohner haben aus einigen von Kanaelen umgebenen Haeuserblocks einen eigenen alternativen Freistaat gemacht. Interessant anzusehen allemal, aber auch eine etwas seltsame Stimmung, weil gerade bei meiner Ankunft eine Strassenecke zuvor eine Gruppe von Polizisten einige der Bewohner durchfilzten und etliche "No Photos"-Schilder und (leider nur auf daenisch verfasste) Freistaat-Regeln darauf hinwiesen, dass die teilweise recht unkonventionellen Einwohner sich hier eigene Gesetze fuers Zusammenleben gemacht haben.
Jetzt habe ich mich nach einigen Stunden Spaziergang zu Fuss in einem Internetcafe niedergelassen und werde gleich noch eine Runde mit dem Rad beim Wahrzeichen der Stadt - der kleinen Meerjungfrau - vorbeimachen, ehe ich wieder hinaus zum Campingplatz radel.

Montag, 26. Juni 2006

Wetterumschwung

6. Tag - Ishøi nahe Kopenhagen

Um es positiv zu formulieren: heute bestand keine Gefahr, einen Sonnenbrand zu bekommen. Bereits um 6 Uhr wurde ich geweckt, als das erste Gewitter begleitet von heftigen Schauern ueber mein Zelt hinwegzog. Naja, dachte ich, das kann ja bis zum Aufbruch wieder trocknen. Dann folgte das naechste Gewitter und schliesslich noch ein drittes. Also blieb ich diesen Morgen laenger als ueblich im Zelt und als sich eine Regenpause bot, packte ich das nasse Zelt ein und fuhr - ganz mit Regenkleidung verhuellt - endlich los. Die Landschaft war weiterhin flach und aehnlich trist wie das Wetter und so folgte ich weiterhin der schnurgeraden Landstrasse (was mir, wie ich feststellte, gegenueber der ausgewiesenen Radroute wieder mindestens 20 km sparte - merke: nimm nie den Radweg, wenn du zuegig vorankommen willst). Stunde um Stunde ging es nun gerade voran und leicht auf und ab und zum Glueck blieb der Gegenwind aus. Der Regen verlor im Laufe des Tages deutlich an Heftigkeit und so kam ich mit gemuetlichem Radeln und einigen Pausen bis kurz vor Kopenhagen. Weiter in die Stadt wollte ich Abends aber nicht mehr, und so suchte ich einen Campingplatz ca. 20 km vor dem Centrum in Strandnaehe. Doch meine Erwartungen hier auf besonders viele Menschen zu stossen, wurden enttaeuscht: der Platz auf dem ich stehe ist ziemlich verlassen und mein Zelt steht sogar als einziges auf der weiten Zeltwiese. Moeglicherweise hat hier noch keine Ferienzeit begonnen. Abends habe ich mich unter einer dichten grauen Wolkendecke (aus der es aber wenigstens nicht mehr regnete) noch etwas an den einsamen Strand gesetzt.

mio in space

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